Science goes Open Access: Honi soit qui mal y pense

Unter anderem Telepolis und der Standard vermeldeten es bereits: Die für die Herausgabe des wissenschaftlichen Journals Science verantwortlich zeichnende American Association for the Advancement of Science (AAAS)  wird eine eigene Open Access Zeitschrift mit dem Namen Science Advances gründen, das erste Issue ist offenbar für Beginn nächsten Jahres geplant. Wer sich an John Bohannons  im Herbst 2013 in Science erschienen Artikel Who is afraid of Peer Review? erinnert, kann von dieser Wendung einigermaßen überrascht sein.nnBohannon nimmt das Geschäftsmodell der wenigen Open Access Journale, die für das Publizieren von Artikeln Autorengebühren einstreichen, als Anlass für eine wahre Philippika gegen Open Access. Es ist schon lange bekannt, dass sich unter diesen Journalen unseriöse Anbieter finden, die zwar die Gebühren einziehen, aber keine Qualitätskontrolle der Inhalte durchführen. Folge ist nun eine Art Bulk Publishing, in dem eine Peer Review nur auf dem Papier existiert und gegen Zahlung mehr oder weniger jeder Inhalt veröffentlicht werden kann. Bohannon unterstellt diese Praktiken nun aber Open Access geradezu in toto und brandmarkt ihn als per se unseriös. Dies ist aus verschiedenen Gründen falsch (s. dazu die Verweise weiter unten), unter anderem ist Bohannons Veröffentlichung methodisch dilettantisch gestaltet und arbeitet mit zahllosen Vereinfachungen. Es sollte aber unbedingt bedacht werden, dass Bohannons Text in Science nicht als wissenschaftlicher Artikel, sondern als journalistischer Beitrag erschien – folglich war dessen, Open Access diskreditierender Gehalt redaktionell gedeckt.nnVor diesem Hintergrund kann der in Science selbst angekündigte Plan, eine Open Access Zeitschrift zu launchen etwas erstaunen. Zumal das Journal wie folgt zu seinem Content kommt: “Papers favorably reviewed at Science, Science Translational Medicine, or Science Signaling but declined for lack of space can be considered automatically for publication in Science Advances. This can occur through a cascading process without further review or further effort on the part of the authors. The goal is to speed publication, alleviate the burden on the reviewer community, and reduce the risk to authors of having to resubmit elsewhere.”nnDiesen nüchternen Verlagssprech könnte man so interpretieren:n

  • Die Begrenzungen der Druck-Ausgaben durch maximal mögliche Seitenzahlen lassen nur zu, dass eine gewisse Anzahl Artikel in den genannten Journalen erscheint.

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  • Die Auswahl der Artikel folgt, wenn man der Logik der Peer Review folgt, nach deren Qualität. Faktisch spielen aber (auch) andere Faktoren eine Rolle, wie z.B. die Reputation des Autors.

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  • Folgt man der Logik der Peer Review – wie Science es offiziell tut – dann werden Artikel, die keine ausreichende Qualität hatten, um in Science einen Platz zu finden, in Science Advances veröffentlicht.

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  • Mit Inhalten, die nicht in Science erscheinen und daher keinen Erlös aus Subskriptionen einbringen, generiert die AAAS durch die Autorengebühren für Veröffentlichungen in Science Advances ohne größeren zusätzlichen Aufwand Gewinn, denn die Review (die das Journal eh nur organisiert und nicht selbst leistet) ist bereits durchgeführt.

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nKurzum: Es scheint als hätten Science und die AAAS ihren profitablen Frieden mit Open Access und den vormals als korrumpierend portraitierten Autorengebühren gemacht.nnN.B.: Mir ist durchaus bekannt, dass auch andere kommerzielle Verlage Open Access Journale betreiben, die implizit nach dem gleichen Prinzip funktionieren.nnZur Kritik an John Bohannons Artikel Who is afraid of Peer Review?:nnUlrich Herb: Unzutreffend, aber schmerzhaft: Der Open-Access-Sting der Zeitschrift Science. In: telepolis, 09.10.2013nOnline: http://www.heise.de/tp/artikel/40/40056/1.htmlnnRalf Krauter & Ulrich Herb: Zu Unrecht in der Kritik? Qualitätssicherung bei Open-Access-Publikationen. Interview im Deutschlandfunk, 16.10.2013nOnline: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/2288623/

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